In Dawson City kam zunächst ein wenig Panik auf: Nachdem uns zwei Schweizer Langzeitreisende in den Liard Hot Springs schon wegen des Grenzübertrittes in die USA wuschig gemacht hatten (mit Hund total kompliziert, man muss alle Lebensmittel abgeben), erinnerte ich mich kurz vor der Weiterfahrt Richtung Grenze an eine Passage im Reiseführer, nach der man beim Grenzübertritt eine Gebühr zu entrichten habe, welche weder mit Kreditkarte noch mit kanadischen Dollars bezahlt werden könne. US Dollars hatten wir aber noch nicht. Am Samstag war natürlich auch die Bank zu und am folgenden Sonntag erst recht.
Ein Besuch im Visitor Center mit überaus freundlichem und hilfsbereitem Personal machte uns nicht entspannter: Zusätzlich zu der Gebühr müsse man unbedingt vor der Einreise online das Formular i94 ausfüllen und dabei besagte Gebühr auch direkt per Kreditkarte bezahlen. An der Grenze sei das nicht möglich, da es dort keinen Internetzugang gebe (was stimmt). Es seien auch schon Reisende wegen eines fehlenden i94 an der Grenze zurückgeschickt worden, was bei 105 Kilometern Anfahrt ab Dawson City zumindest ärgerlich wäre.
Zum Glück gab es im Visitor Center freies WLAN, so dass wir dies dann versuchen konnten. Allerdings klappte das nicht, da er die Nummer unseres Visums im alten Reisepass nicht mit der Nummer unseres neuen Reispasses in Verbindung bringen konnte. Die alten Reisepassdaten funktionierten auch nicht, da das Gültigkeitsdatum schon überschritten war. Die einzige Möglichkeit wäre wohl gewesen, per ESTA einzureisen. Aber da gibt es maximal 90 Tage Aufenthaltserlaubnis.
Ein Passus in der Fehlermeldung besagte, dass man, wenn die Online-Ausfüllung nicht funktionieren sollte, das i94 ebenfalls am Grenzübergang ausfüllen könnte – mit entsprechend längerer Wartezeit. So machten wir uns dann etwas besorgt auf den Weg zur Grenze.
Zunächst ging es mit der Fähre – ebenfalls kostenlos – über den Yukon nach West Dawson. Die Fähre verkehrt, wenn kein Hochwasser herrscht, nur in den Sommermonaten. Im Winter wird der Yukon über die dann geschlossene Eisdecke überquert. In der Übergangszeit allerdings macht Treibeis eine Überquerung für mehrere Wochen unmöglich. Dann muss man sich in West Dawson entsprechend bevorraten. Gut 20 Kilometer hinter der Yukon-Überquerung fanden wir auf dem Top of the World Highway einen wahrhaftigen Top of the World-Übernachtungsplatz mit beeindruckendem Panoramablick.
Am nächsten Morgen war dieser allerdings weit weniger beeindruckend. Bei Regen und dichtem Nebel mit meist nur 50 Metern Sichtweite war von den Bergen nichts mehr zu sehen. Auch die Fahrt auf der meist arg ruppigen und zudem noch matschigen Schotterpiste machte nicht wirklich Freude. Nur selten konnte man ahnen, dass der Top of the World Highway seinen Namen mit Recht trägt: Die Straße verläuft meist in Kammlage oft in über 1200 Metern Höhe mit tollen Aussichten.
Erst an der US-Grenze wurde das Wetter besser. Kommentar des einen der beiden Immigration Officers dazu: „Yes. Actually we pay for this.“ Ähnlich entspannt lief dann auch das gesamte Einreiseprozedere ab: Ohne Probleme wurden unsere beiden Reisepässe – einer abgelaufen, aber mit Visum, der andere gültig, aber ohne Visum – akzeptiert. Es gab keine dummen Fragen wegen des fehlenden i94 und eine Gebühr mussten wir auch nicht entrichten. Ohne Diskussionen wurden uns die vollen 180 Tage Aufenthalt – bis zum 10. Februar 2025 – zugestanden. Unsere Frage, wie das mit dem Hund sei, wurde mit einem Achselzucken und den Rückfragen „Does it kill people? Does it have white foam at the mouth?“ quittiert – und ehe wir uns versahen, waren wir in den USA („You guys are okay.“)!
Nachdem uns Alaska zunächst durch eine nahezu perfekte Asphaltdecke ab der Grenzstation zum Narren gehalten hatte, wurde die Straße zwischenzeitlich leider ziemlich desolat. Ein nettes Mittagspäuschen an einem lustig plätschernden Flüsschen, eine kleine Hunderunde und ein Schwätzchen mit Louis, einem deutschen Radler, lockerten die gelegentlich anstrengende Fahrt auf.
Nun stehen wir an einer Rest Area am Tanana River kurz vor Tok. Dort gibt es morgen einiges zu erledigen: WLAN oder zumindest Handy-Empfang finden, um mit der Heimat zu kommunizieren (bei unserem zweiten Dawson-Besuch waren wir dazu wegen Zeitverschiebung zu spät und seitdem war – ebenso wie auf dem Dempster Highway – tote Hose) und die Website auf Vordermann zu bringen, Großeinkauf, Tanken, eventuell ein Bürotag (einige Rechnungen müssten bezahlt werden) und gegebenenfalls eine Werkstatt wegen unserer streikenden Batterieanzeige suchen.
Erinnert mich an die Formulare in Terry Gilliams “ Brazil “ Aber zum Glück gibts ja auch pragmatische Amis. Genießt eure 180 Tage. Und denkt immer daran: Das Wetter zahlt der Ami.