Südwärts (11.9.-13.9.2020)
Auf zur nächsten Etappe – diesmal gemeinsam mit unserem Sohn: Piemont ist die Idee! Mal sehen, was daraus wird …
Baustellen- und staubedingt kommen wir allerdings zunächst nicht so richtig gut vorwärts, so dass wir die erste Nacht noch in Deutschland verbringen. Am Samstag beschließen wir, mit dem Urlaub zu beginnen, und sehen uns Karlsruhe an – da der uns begleitende Architekturstudent im nächsten Semester Städtebau als Schwerpunkt hat, ist das natürlich ein Muss.
Kurz vor der Schweizer Grenze stolpern wir quasi über das Vitra Design Museum in Weil am Rhein – auch bei diesem Besuch ist unser Sohn die treibende Kraft: Schicke Möbel in attraktiver Architektur, durchaus ein lohnenswerter Abstecher – auch wenn wir nun auch am zweiten Tag nicht über die Grenze kommen.
Am Sonntag wollen wir Kilometer fressen, was allerdings auch nicht so richtig klappt: Zunächst stehen wir bei Luzern über eine Stunde im Stau, dann noch einmal eine halbe Stunde vor dem Gotthardt-Tunnel. So kommen wir erst am frühen Abend im Piemont an.
Teil 1: Piemont (14.9.-18.9.2020)
Valle Po
Unsere erste Station war ein gemütlicher Agriturismo im unteren Po-Tal, den wir auf unserer letzten Reise kennengelernt hatten. Unter alten Kastanien kann man dort wunderbar kampieren. Im Po-Tal haben wir dann auch unsere erste Wanderung gemacht, die wettermäßig leider etwas an Norwegen erinnerte. Immerhin sind wir nicht nass geworden und auch die Temperaturen waren etwas erträglicher.
Valle Varaita
Das Valle Varaita liegt einige Täler weiter südlich. Über den spektakulären Colle di Sampeyre, in dessen Nähe wir einen ebenso spektakulären Übernachtungsplatz gefunden haben, gelangt man in das Valle Maira, das sich im Süden anschließt.
Während die Auffahrt zum Pass weitgehend durch Wald verläuft, bietet die Fahrt hinunter ins Maira-Tal über das hübsche Dörfchen Elva viele schöne Aussichten.
Maira-Stura-Kammstraße
Das Piemont war in den letzten Jahrhunderten immer wieder eine stark umkämpfte Region. Nicht zuletzt die Einigung Italiens unter der Herrschaft des Hauses Piemont-Savoyen 1861 führte zu einem wahren Bauboom militärischer Festungsanlagen in den Piemontesischen Alpen.
Aber auch unter Mussolini wurde die Befestigung der Alpenpässe mit gewaltigen Bunkeranlagen und Mannschaftsunterkünften vorangetrieben. Ein Netz von Militärstraßen sicherte dabei den Nachschub und die Versorgung der ansonsten schwierig zu erreichenden Militäranlagen. Da diese für durchaus schweres Gerät ausgelegt und daher mit einem solide verdichteten Unterbau versehen waren, sind die meisten dieser Straßen auch heute noch befahrbar.
Viele dieser Pisten – wie auch die Maira-Stura-Kammstraße – werden heute touristisch genutzt und ziehen ganze Heerscharen von Wanderern, Mountain Bikern, Motorradfahrern und Offroadern an.
Die Maira-Stura-Kammstraße bietet uns dabei die Möglichkeit, mit unserem Granny in eine grandiose Landschaft in Höhen von knapp 2.500 Metern vorzustoßen und diese – zumindest in der Nachsaison – in relativer Einsamkeit zu genießen.
Bunker und andere militärische Bauten erinnern dabei auf beklemmende Weise an eine Zeit, da die europäischen Völker nicht in Frieden nebeneinander lebten und lehren den Besucher die wahre Leistung der EU erneut zu schätzen: 75 Jahre Frieden zwischen den Mitgliedsstaaten. Dass dies nicht selbstverständlich ist, hat der Balkan in den 90er Jahren auf schreckliche Art und Weise gezeigt. Die türkischen Drohgebärden Richtung Griechenland zeigen, dass wir uns dieser Sicherheit auch heute nicht allzu gewiss sein dürfen.
Dia-Show Maira-Stura-Kammstraße
Das Piemont-Video
Teil 2: Ligurien (19.9.-21.9.2020)
Die beiden folgenden gemeinsamen Wochen mit Malte gestalteten sich als sehr harmonisch – und sehr ereignisreich. Selten haben wir in so kurzer Zeit so viele schöne Städte und Dörfer gesehen.
Unser erster Vorstoß an die ligurische Küste war wenig erfolgreich. Unser Versuch, in das vielgerühmte Portofino zu gelangen, wurde von einem Polizisten, der uns zum Umkehren nötigte, jäh vereitelt. Zu groß war der Andrang – trotz Nachsaison, trotz Corona. So entschlossen wir uns, das Wochenende in den ligurischen Bergen zu verbringen, bevor wir unser Glück in den Cinque Terre versuchen wollten.
Compiano
Auf der wegen fortgeschrittener Uhrzeit schon recht nervigen Suche nach einem Übernachtungsplatz – ein in der Karte eingezeichneter Campingplatz hatte geschlossen, einen weiteren gab es überhaupt nicht – sind wir schließlich auf dem Parkplatz am Rande des hübschen Örtchens Compiano gelandet. Da es hier auch eine öffentliche Toilette gab, entschlossen wir uns hier zu bleiben. Nach einem Stadtbummel am folgenden Tag durch das malerisch auf einem Felsen thronende, von einer trutzigen Burg gekrönte mittelalterliche Dorf blieben wir sogar noch eine weitere Nacht und beschlossen den folgenden Abend sehr nett im Restaurant des Vier-Sterne-Hotels in der Burg.
Dia-Show Compiano
Cinque Terre
Der Besuch der Cinque Terre – der fünf sehr malerisch an die steile Küste des Mittelmeeres geklebten Orte Riomaggiore, Manarola, Corniglia, Vernazza und Monterosso – erfolgte etwas hektisch und spontan: Eigentlich hatten wir für den nächsten Tag eine Wanderung entlang der Küste geplant, Allerdings riet die Dame in der Touri-Info zu einem Besuch am selben Tag, da für den folgenden starker Regen angekündigt war und möglicherweise Teile des Weges gesperrt werden könnten.
Auf beides hatten wir keine Lust, deshalb haben wir unser Ticket – 16 Euro für die Benutzung der Bahnlinie, die die fünf Dörfer verbindet, und des Weges pro Person – noch für denselben Tag gelöst, sind zum Campingplatz gefahren, haben uns dort notdürftig installiert, unsere Sachen gepackt und sind zum Bahnhof gelaufen. Es war mittlerweile Mittag.
Riomaggiore
Zur Erleichterung der Planung waren die Wanderwege zwischen Riomaggiore und Corniglia ohnehin gesperrt, sodass wir nur die beiden letzten Anschnitte – etwa dreieinhalb Stunden – wandern konnten.
Deshalb ging es zunächst mit der Bahn nach Riomaggiore, dem südlichsten der zu den Cinque Terre zählenden Dörfer.
Manarola
Die Bahn verkehrt zum Glück in sehr enger Taktung, sodass wir auf der Rückfahrt Richtung Levanto, unserem Basislager, noch ausreichend Zeit hatten, Manarola zu besuchen, das als schönstes Dorf der Cinque Terre gilt – und das nicht zu Unrecht!
Corniglia
Der Bahnhof von Corniglia, unserer nächsten Station und Ausgangspunkt unserer Wanderung, liegt dummerweise recht weit außerhalb, sodass wir zunächst einige hundert Stufen zum Ort hinaufklettern mussten, Natürlich ging es danach – nachdem wir uns mit einem Eis belohnt hatten – erst wieder hinunter, bevor wir für den weiteren Weg wieder bergauf klettern mussten.
Dieser gestaltete sich als durchaus anspruchsvoll und angesichts der nahezu sommerlichen Temperaturen auch recht anstrengend, bot aber auch tolle Aussichten auf die Küste und zurück nach Corniglia mit Manarola im Hintergrund.
Vernazza
Auch die nächste Station, Vernazza, war sehr malerisch. Der steile Abstieg hinunter bis zum Hafen war durchaus lohnenswert, auch wenn der Aufstieg für die nächste Etappe natürlich umso anstrengender war.
Aber die Kletterei wurde durch tolle Ausblicke auf die Altstadt von Vernazza, die sich an die steilen Hänge schmiegt, und die geschützte Hafenbucht belohnt.
Monterosso al Mare
Monterosso erreichten wir pünktlich zum Sonnenuntergang, sodass wir diesen Ort nicht mehr angemessen erkunden konnten – der Preis der Nachsaison. Allerdings haben wir häufig während unserer Tour mit Grausen überlegt, wie es hier wohl in der Hauptsaison – und ohne Corona – aussehen mag: Auch so war es für uns Misanthropen schon deutlich zu rummelig und auch innerhalb der Orte haben wir uns mit Maske, die bei Weitem nicht alle trugen, sehr viel wohler gefühlt.
Gegen sieben Uhr abends ging es mit dem Zug zurück nach Levanto, wo wir in einem Winzlädchen in der Nähe des Campingplatzes noch letzte Einkäufe für das Abendessen tätigen konnten.
Dia-Show Cinque Terre
Teil 3: Toskana und Umbrien (22.9.-2.10.2020)
Gemeinsam mit Malte besuchten wir in einem Parforce-Ritt sämtliche Highlights der Toskana und Umbriens:
Carrara
Auch wenn in Carrara selbst die Bordsteinbegrenzungen aus Marmor gefertigt sind, waren wir von unserer ersten toskanischen Stadt doch etwas enttäuscht. Trotz einiger schöner Straßenzüge störten doch einige 70er Jahre-Bausünden und insgesamt wirkte das Stadtbild etwas angeranzt.
Lucca
Das war in Lucca deutlich anders. Schon der Durchgang durch die alten Befestigungsanlagen war toll und durch Licht- und Kunstpräsentationen interessant gestaltet.
Und die Altstadt mit der zentralen Piazza del Anfitheatro begeisterte uns sehr.
Pisa
Nach einem Zwischenstopp in einem Waschsalon, in dem wir den Regen sinnvoll genutzt haben, haben wir uns Pisa angesehen, wobei sich der Besuch auf den zentralen historischen Komplex um den gleichnamigen Schiefen Turm, die romanische Kathedrale und das Baptisterium beschränkte.
Dadurch, dass wir zu dritt waren, konnten immer zwei gleichzeitig die Monumente besichtigen, während der dritte mit unserem Hundicap draußen warten musste.
Dia-Show Pisa
Den Sonnenuntergang genossen wir dann auf einem hübschen Wanderparkplatz mit Blick auf Pisa, auf dem mehrere Wohnmobile zur Wagenburg auffuhren.
Florenz
In Florenz haben wir zum ersten Mal auf unserer Reise einen Wohnmobilstellplatz angesteuert. Eigentlich widerstrebt es uns, für einen Parkplatz ohne jegliche Einrichtungen 20 Euro zu bezahlen, aber dies war die einfachste Möglichkeit, Florenz zu besichtigen, da der Campingplatz sehr weit außerhalb liegt. Vom Stellplatz aus war nicht nur die Innenstadt in zwanzig Minuten zu Fuß zu erreichen, er bot auch immerhin eine Toilette und war für unser gutes Sicherheitsgefühl videoüberwacht.
Trotz des klangvollen Namens waren wir insgesamt etwas enttäuscht von Florenz. Das lag möglicherweise aber auch daran, dass wir wegen unseres Hundicaps auf einen Besuch der Uffizien, anderer Museen und der Paläste verzichten mussten. Wahrscheinlich müssen wir noch einmal ohne Hund wiederkommen.
Dia-Show Florenz
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Volterra
Die verschlungenen mittelalterlichen Gassen Volterras gefielen uns da schon mehr als Florenz – zumal man von der Altstadt aus einen tollen Blick auf das römische Theater hat, das einst 2000 Besuchern Platz bot.
Auch die Alabasterwerkstätten – Volterra gilt seit Urzeiten als Zentrum der Alabasterproduktion – waren ausgesprochen interessant.
Die Festung der Medici, die über Volterra thront, kann leider nicht besichtigt werden – sie beherbergt heute ein Staatsgefängnis.
Dia-Show Volterra
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San Gimignano – oder: Wer hat den Längsten?
Schon aus der Ferne fallen die scheinbar unzähligen – in Wahrheit sind es noch 15 von einst 72 – Geschlechtertürme bei der Skyline San Gimignanos ins Auge. Im Mittelalter dienten sie den reichen Familien zur eindrucksvollen Präsentation ihrer Macht, heute prägen sie das Stadtbild der kompakten mittelalterlichen Stadt an der Via Francigena, der Frankenstraße – einem der Hauptverkehrswege des mittelalterlichen Italien, auf dem Händler und Pilger von Norden kommend nach Rom zogen.
Diese ursprüngliche Bedeutung der Stadt lässt sich auch heute noch an ihrer Struktur ablesen: So konzentriert sich scheinbar alles Leben entlang der in Nord-Süd-Richtung durch San Gimignano führenden Hauptstraße.
Colle di Val d’Elsa
Bei der Weiterfahrt nach Siena stolpern wir eher zufällig über den hübschen Ort Colle di Val d’Elsa. Dieser spielt zwar sicherlich nicht in derselben Liga wie die Highlights der Toskana, ist dafür aber auch bei Weitem nicht so voll und wirkt auf angenehme Weise provinziell und ursprünglich.
Monteriggioni
Einige Kilometer weiter liegt oben auf einem Hügel die Festungsanlage von Monteriggioni. Diese wurde im 13. Jahrhundert von der Republik Siena zum Schutz gegen das verfeindete Florenz errichtet. In der Folge konnte die Festung zahlreichen Belagerungen – nach entsprechender Verstärkung der Befestigungsmauern im 15. Jahrhundert – auch mit Artillerie trotzen und wurde erst 1544 durch Verrat von den Truppen des Gian Giacomo Medici eingenommen.
Siena
Ein weiterer Höhepunkt unserer Toskana-Reise war ohne Frage Siena, das sich von jeher in starker Rivalität zu Florenz befand.
Während jedoch Florenz stark von den massig wirkenden Renaissance-Palästen und der klaren Struktur des Stadtbildes geprägt wird, ist in Siena das Mittelalter, insbesondere die Gotik, noch stärker spürbar, was uns insgesamt deutlich mehr zusagt.
Dia-Show Siena
Dia-Show Siena Kathedrale
Deutlich mehr Zeit als geplant nahm die Besichtigung der Kathedrale in Anspruch. Aber die hatte zur Zeit ihrer Errichtung im 13. und14. Jahrhundert auch zum Ziel, die größte Kirche der christlichen Welt zu werden – auch hier trat Siena in Konkurrenz zu Florenz. Heute ist sie zweifellos eine der prächtigsten Kirchen, die wir kennen. Insbesondere die Marmormosaikfußböden haben uns sehr beeindruckt. Auch die kunstvoll gestaltete Kanzel von Niccòlo Pisano gefiel uns sehr gut.
Dia-Show Sonnenaufgang in den toskanischen Hügeln
In den toskanischen Hügeln nahe Florenz fanden wir, trotz intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, einen recht ruhigen Übernachtungsplatz, der uns am nächsten Morgen mit einem unglaublichen Sonnenaufgang überraschte.
Casacate del Mulino
In den Cascate del Mulino kann man in natürlicher Umgebung in herrlich warmem, wenngleich etwas schwefeligem Wasser entspannen.
Wie schon oft in Italien waren wir über den recht großen Betrieb, der hier trotz Corona Ende September noch herrschte, sehr erstaunt. Zum Glück gab es in dem Zulauf zu den Sinterterrassen noch ruhige Plätzchen, wo man in coronagemäßem Abstand planschen konnte. Zudem wurde man hier sehr nett wie in einem Whirlpool durchgespült.
Assisi (Umbrien)
Mit Assisi ist die Grenze zur Region Umbrien erreicht. Der mittelalterlich geprägte Geburtsort des Heiligen Franz von Assisi ist seit 2000 Weltkulturerbe der UNESCO – und das durchaus verdient! Franziskus, der berühmteste und in jedem Souvenirladen zu erhaltende Sohn der Stadt, gründete im frühen 13. Jahrhundert den Franziskanerorden, der sich im Gegensatz zu den in großem Prunk lebenden Benediktinern die Armut Christi zum Vorbild nahm – einer Tugend, an die auch der derzeitige Papst Franziskus durch seine Namenswahl mit mäßigem Erfolg erinnern wollte.
Spannend ist vor allem die Basilika San Francesco, die sich über zwei Etagen erstreckt und mit toll erhaltenen gotischen Fresken ausgeschmückt ist – die in der Oberkirche werden Giotto zugeschrieben.
Aber auch das insgesamt sehr geschlossen wirkende mittelalterliche Stadtbild, das zum ziellosen Bummeln einlädt, hat uns begeistert.
Kurz hinter Assisi, in Ancona, hatte der kurze Abschnitt gemeinsam mit unserem Sohn leider ein Ende: Malte nahm den Flieger zurück in die Heimat, wir müssen uns nun wieder selber genügen – schade!
Dia-Show Assisi
Teil 4: Abruzzen und Campanien (3.10.-10.10.2020)
Nachdem wir Malte in Ancona am Flughafen abgesetzt hatten, fuhren wir zunächst südwärts an der Küste entlang. Bald allerdings flohen wir vor den hoffnungslos zugebauten Stränden wieder ins Landesinnere. Uns zog es weiter nach Süden – in die einsamen Berge der Abruzzen.
Amatrice
Am 24. August 2016 bebte die Erde im Apenin in Mittelitalien. 300 Menschen starben bei den Beben. In dem einst malerischen Bergstädtchen Amatrice waren anschließend – wie in vielen anderen Orten der Region – 95 Prozent aller Gebäude zerstört oder unbewohnbar.
Daran hat sich vier Jahre danach leider nicht viel geändert. Zwar hat die Soforthilfe – nicht zuletzt dank zahlreicher Spendengelder aus dem In- und Ausland – relativ gut funktioniert, von einem Wiederaufbau, der diesen Namen auch verdient, scheint man jedoch noch Jahre entfernt zu sein. Noch immer leben die verbliebenen Bewohner – in vielen der betroffenen Gemeinden haben mehr als die Hälfte der ehemaligen Einwohner ihrer Heimat den Rücken gekehrt – in Notunterkünften am Rande der zum Teil völlig zerstörten Orte.
Auch in den weniger stark betroffenen Dörfern stehen notdürftig statisch gesicherte und wieder bewohnbar gemachte Häuser neben Trümmerfeldern. Nur ein Bruchteil des Schutts und der Trümmer ist bisher weggeräumt. In nicht einem der Dörfer, durch die wir gefahren sind, scheint auch nur im Ansatz damit begonnen worden zu sein, den Ort in seiner ursprünglichen Struktur wiederaufzubauen.
Die Fahrt durch diese landschaftlich ausgesprochen reizvolle Gegend wurde so zu einem überaus deprimierenden Erlebnis. Die zwar freundlich bunt gestrichenen, dennoch reichlich lieblos wirkenden Barackensiedlungen werden vermutlich zu einer weiteren Entvölkerung der ohnehin strukturschwachen Region führen.
Als Ursachen dafür, dass die ursprünglich in großem Umfang vorhandenen finanziellen Mittel für den Wiederaufbau weitgehend spurlos versickert sind, nannte die Neue Zürcher Zeitung schon 2018 „mangelnde Planung, exzessive Bürokratie und politische Einflussnahme“. Auch die politische Instabilität Italiens in diesen Jahren hat ihren Teil dazu beigetragen. An dieser beklagenswerten Situation scheint sich auch zwei Jahre später wenig geändert zu haben.
Gran Sasso
Die einsame Bergregion des Gran Sasso bietet reichlich schöne Landschaft und Gelegenheit zum Wandern. Auch unser Hund scheint diese Gegend zu lieben – schließlich kann man auf den weiten Hochebenen herrlich herumtoben.
Amalfi-Küste
Die Amalfi-Küste ist ähnlich schön wie die Cinque Terre, leider aber auch ähnlich überlaufen. So haben wir nur dank früher Ankunft noch einen Platz auf dem Campingplatz in Marina del Cantore nahe der Spitze der Halbinsel bekommen – trotz fortgeschrittener Jahreszeit und trotz Corona.
Dennoch haben wir einige schöne Stunden am Strand verbracht und gebadet und eine tolle Wanderung entlang der phantastischen Küste unternommen – mit schönem Blick auf die Insel Capri.
Wegen drohenden Unwetters und vieler Menschen sind wir allerdings zwei Tage später schon wieder geflohen: Auf der Ostseite der Berge sollte das Wetter in der folgenden Woche etwas besser sein. Bei der Weiterfahrt sind wir dann aber dennoch bei strahlendem Sonnenschein an der Amalfi-Küste entlang gefahren, konnten die wunderschönen Ausblicke wegen mangelnder Parkmöglichkeiten und starken Verkehrs – es war auch noch Sonntag – aber nur eingeschränkt genießen.
Dia-Show Amalfi-Küste
Teil 5: Basicilata, Apulien und Kalabrien (10.10.-23.10.2020)
Die Flucht vor dem Unwetter funktionierte ansatzweise: Während man aus den Bergen der Basilicata sah, wie sich im Westen hohe Wolkenberge auftürmten, hatten wir zwar auch durchwachsenes, aber insgesamt doch offenbar besseres Wetter. Trotz einzelner Regenschauer und zahlreicher Wolken schien auch gelegentlich die Sonne und wir konnten die tolle Landschaft und die schönen Orte genießen.
Castelmezzano und Pietrapertosa
Die beiden Orte Castelmezzano (oben links im Bild) und Pietrapertosa liegen sehr malerisch an die scharfen Felszähne der Dolomiti Lucani geschmiegt. Nur ein Kilometer Luftlinie trennt die beiden Dörfer. Dennoch ist man mit dem Auto nahezu eine Stunde unterwegs, um vom einen zum anderen zu gelangen: eine 400 Meter tiefe Schlucht liegt zwischen ihnen. Dank einer pfiffigen Geschäftsidee kann man diese nun Superman-mäßig an einem Drahtseil hängend überqueren. Volo dell Angelo – Engelsflug – heißt dieses Erlebnis, das im Oktober leider nur an Wochenenden angeboten wird. Da war es uns allerdings zu rummelig in Castelmezzano.
Leider ist unter der Woche auch das spektakuläre Kastell geschlossen, das den Felsen über Pietrapertosa krönt. Nachsaison hat auch ihre Nachteile.
Campomaggiore Vecchio
Das alte Campomaggiore wurde 1885 von einem gewaltigen Erdrutsch zerstört. Von dem Ort, der an anderer Stelle neu aufgebaut wurde, sind heute nur noch Ruinen zu sehen. Diese liegen allerdings sehr malerisch auf einem Bergsattel – sind aber in der Off Season auch nur an Wochenenden zu besichtigen, sodass wir uns mit einem Blick aus der Ferne begnügen mussten.
Melfi
Auf der Weiterfahrt zum berühmten Castel del Monte machten wir Station in Melfi. Auch hier ließ Friedrich II. eine Burg errichten, die trutzig vom Berg aus das Tal bewacht. Darum herum ist eine hübsche alte Stadt gewachsen, die – obwohl viele Häuser liebevoll restauriert sind – angenehm untouristisch ist.
Leider hatte dies auch zur Folge, dass wir auf den hübschen Plätzen trotz des schönen Wetters Straßencafés vergeblich suchten.
Castel del Monte
„Es war ein achteckiger Bau, der aus der Ferne zunächst wie ein Viereck aussah (die höchstvollendete Form, Ausdruck der Beständigkeit und Uneinnehmbarkeit der Stadt Gottes) (…) – ein Werk von Riesenhand, geschaffen in größter Vertrautheit mit Himmel und Erde. (…) Niemandem wird die herrliche Eintracht so vieler heiliger Zahlen entgehen, deren jede einen erhabenen geistigen Sinn offenbart: acht die Zahl der Vollendung jedes Vierecks, vier die der Evangelien (…).“
Umberto Eco: Der Name der Rose
Der junge Novize Adson beschreibt hier das Aedificium der Abtei, welches die Bibliothek beherbergt. Umberto Eco diente unter anderem das apulische Castel del Monte als Vorbild für dieses außergewöhnliche Gebäude, das in dem großartigen Roman eine zentrale Rolle spielt. Doch während der Bau Friedrichs II. außen wie innen durch klare Einfachheit auffällt – die achteckige Grundform, acht achteckige Türme jeweils an den Ecken, acht trapezförmige Räume im Erd- wie im Obergeschoss –, ist der Zugang zur obersten Etage von Ecos Aedificium durch ein Labyrinth erschwert, um das Wissen, das die Bibliothek verwahrt, vor möglichen Lesern zu schützen.
Ähnlich geheimnisvoll ist der Zweck der Staufer-Burg: Zwischen 1240 und 1250 erbaut wurde die Burg nie von Friedrich bewohnt. Vermutungen, sie habe als Jagdschloss oder zur Aufbewahrung des Staatsschatzes gedient, sind nicht belegt. Eine militärische Bedeutung ist jedoch auf Grund der architektonischen Anlage auszuschließen.
Die Klarheit der Anlage legt da schon eher eine zahlensymbolische Bedeutung nahe, wie sie auch Adson den Erbauern des Aedificiums unterstellt. Anklänge an den Felsendom in Jerusalem oder die Aachener Pfalzkapelle, die beide ebenfalls das Oktogon als Grundriss haben, scheinen offensichtlich.
In letzterer wurde Friedrich II. 1215 zum König gekrönt. Zum Kaiser wurde er fünf Jahre später in Rom gekrönt – und auch die Reichskrone des Heiligen Römischen Reichs hat eine achteckige Form.
Der Bau scheint also somit in erster Linie eine Demonstration des kaiserlichen Herrschaftsanspruches zu sein, der – so suggerieren die Parallelen zu diversen sakralen Bauten – gottgegeben ist.
Übrigens hatten wir abends am Castel del Monte noch ein kleines Abenteuer: Wir mussten einen deutschen Motorradfahrer abschleppen, der mit seinem Moped im Schlamm stecken geblieben war – was nach anfänglichen Problemen dann sogar überraschend gut geklappt hatte.
Trani
Nach endlos erscheinenden hässlich zugebauten Küstenabschnitten haben wir doch noch einen hübschen Ort am Meer entdeckt. Tranis Altstadt drängt sich um den geschützten Hafen, an dem es zwar auch einige der typischen Touri-Restaurants gibt, von dem aus aber offensichtlich tatsächlich noch ernsthaft Fischfang betrieben wird.
Die Gassen der Altstadt wirken schmuck, ohne allzu herausgeputzt zu sein und verströmen ein sehr angenehmes und – zumindest in der Nachsaison – provinzielles Flair.
Die beeindruckende romanische Kathedrale steht direkt am Meer, war aber leider wegen Renovierungsarbeiten nicht zugänglich.
Betrüblicherweise hat Almut sich in Trani den Knöchel verstaucht, sodass wir nun im wahrsten Sinne des Wortes etwas kürzer treten müssen.
Craco
Da wir so allmählich Sizilien ins Auge gefasst hatten, machten wir uns auf meist kleinen Sträßchen Richtung Westküste auf. Dabei kamen wir mehr oder weniger zufällig an Craco vorbei.
Die einst bedeutsame Stadt – 1276 wurde hier immerhin eine Universität gegründet – schmiegt sich malerisch an einen Felsen, ist allerdings vollständig unbewohnt. Sie wurde zwischen 1959 und 1972 durch mehrere Erdrutsche nahezu zerstört und musste 1963 evakuiert werden. Die Erdrutsche waren vermutlich durch Arbeiten an Kanalisation und Wasserversorgung ausgelöst worden.
Nach einem Erdbeben 1980 wurde die Altstadt von Craco endgültig aufgegeben. Heute ist sie leider abgesperrt und nur im Rahmen von Führungen zu besichtigen – allerdings nicht in der Nachsaison.
Golf von Polycastro
Rund um Maratea – der einzigen Ortschaft am Tyrrhenischen Meer, die zur Region Basilicata gehört – gibt es einige Strände mit feinem dunklen Kies und kristallklarem Wasser, die in der zweiten Oktoberhälfte schon im Winterschlaf zu liegen scheinen.
So konnten wir in Acquafredda di Maratea mit unserem Wohnmobil unmittelbar am Strand stehen. Die drei kleinen Hotels an der hübschen Bucht waren geschlossen und die Zahl der Tagesgäste war sehr überschaubar. Nachdem kurz vor Sonnenuntergang mehrere Hundebesitzer ihre Vierbeiner am Strand ausgeführt hatten, verbrachten wir hier eine einsame und ruhige Nacht.
Angenehmerweise erfreut das Mittelmeer zur Zeit noch mit einer durchaus erträglichen Temperatur, sodass wir – spät, aber immerhin – doch noch zu einem Strandurlaub kommen.
Leider zog am folgenden Morgen beißender Rauch durch die Bucht – irgendwo oberhalb wurde Müll verbrannt, eine grauenhafte süditalienische Unsitte! – und vertrieb uns aus unserem kleinen Paradies; sonst wären wir wohl noch einen Tag geblieben.
Capo Vaticano
Weiter Richtung Süden haben wir noch einige schöne Badebuchten entdeckt, die durch steil aufragende Klippen vor hässlicher Bebauung geschützt geblieben sind.
Südlich der Grenze zur Region Kalabrien wichen die Berge dann allerdings weiter vom Meer zurück und die Straße folgte einem endlosen Strand, an dem sich Campingplätze, heruntergekommene Hotels und ebensolche Orte abwechselten.
Erst nördlich vom Capo Vaticano gab es dann wieder einzelne schöne Buchten, wobei allerdings auch hier das Hinterland hoffnungslos und hässlich zugebaut war.
Das Capo Vaticano selbst bietet dann einen traumhaften Rundumblick auf die Küste mit ihren felsenumrahmten Sandbuchten und vor allem den tollen Sonnenuntergang, der vom Ätna im Süden und dem Stromboli im Norden eingerahmt war. Im August – so eine deutsch sprechende Einheimische – soll die Sonne gar direkt über dem Krater des Stromboli untergehen.
Nachdem wir beim Abendessen das phantastische Panorama genossen hatten, hatten sich die zahlreichen Ausflügler, die zum Sonnenuntergang zum schön angelegten Aussichtspunkt gekommen waren, auch wieder zerstreut und wir genossen eine ruhige Nacht – die letzte auf dem italienischen Festland: Am nächsten Morgen sollte es endgültig nach Sizilien gehen.
Teil 6: Sizilien (23.10.-15.12.2020)
„Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: hier ist erst der Schlüssel zu allem.“
Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise (1787)
Das Fazit vorweg: Goethes Einschätzung können wir nur bedingt teilen. Zwar haben wir großartige Landschaften, spannende archäologische Stätten, traumhafte Strände und tolle Städte gesehen und sind wahnsinnig netten Menschen begegnet. Aber der Gesamteindruck wird doch deutlich geschmälert durch die unglaublichen Müllberge, die die Straßenränder säumen, und verfallene und verkommene Häuser und Bauruinen, die überall zu sehen sind. Diese haben ihre Ursachen sicherlich auch in der herrschenden Armut sowie in den teilweise nach wie vor mafiösen Strukturen und politischem Missmanagment, scheinen aber auch von einem sorglosen Umgang mit der eigenen Umgebung zu zeugen. Sind zum Beispiel Gewächshäuser aus irgendeinem Grunde nicht mehr nutzbar, werden sie nicht renoviert oder abgerissen und neu gebaut, sondern verrotten und nebenan werden neue gebaut.
Diese Probleme, die im Grunde im gesamten Süden Italiens zu sehen sind (Näheres dazu in einem noch folgenden Fazit über Süditalien), scheinen auf Sizilien besonders extrem zu sein.
Ätna
Schon aus der Ferne – vom Capo Vaticano aus – haben wir die ständig aus dem Ätna aufsteigenden Rauchfahnen gesehen. Doch aus der Nähe wirkt dieses 3.329 Meter hohe Ungetüm von einem Vulkan noch eindrucksvoller.
Als wir in einem ehemaligen Basalt-Steinbruch am Fuße des Ätna Nachtquartier bezogen, verängstigte uns der Berg durch ein tiefes, bedrohliches Grummeln. Die zahlreichen Tagestouristen – es war Sonntag – oben an der Seilbahnstation beruhigten uns allerdings dann doch. Auch an den tiefer gelegenen Hängen waren am Wochenende viele Menschen unterwegs – meist um Kastanien, Pilze oder Birnen zu sammeln.
Nachts bot der Ätna ein besonderes Schauspiel: Im Dunkeln wirkten die aus dem Krater rot beleuchteten Qualmwolken noch beeindruckender. Auch einige Lavaspritzer schien der Vulkan nach oben zu spucken.
Hier noch eine kleine Recherche-Aufgabe für unsere Eisenbahnenthusiasten (vielleicht den Görch aus Borbeck?): Kann jemand genauere Auskunft über diesen Schienenbus geben, der anscheinend den Ätna umrundet und uns dabei dreimal hintereinander an diversen Bahnübergängen ausgebremst hat?
Troina
Das Städtchen, das sich am Fuße des Ätna auf einen Bergrücken dicht zusammendrängt und aus der Ferne recht malerisch wirkt, erwies sich als zugig, ungemütlich und ziemlich heruntergekommen.
Siracusa
Syrakus bot hingegen eine sehr angenehme Überraschung. Nachdem wir zunächst einmal die wenig ansehnlichen Vorstädte durchfahren hatten und zu der auf der Insel Ortigia gelegene Altstadt vorgestoßen waren, erwartete uns ein lebendiger Markt – leider nicht immer mit Corana-gemäßem Verhalten, aber doch mit viel süditalienischer Lebensfreude –, verwinkelte Gassen, in denen man sich verirren könnte, und viel barocke Pracht.
Dia-Show Syrakus
Noto
Noto machte es uns nicht leicht. Wegen des schlechten Wetters wollten wir zunächst eine Wäscherei ansteuern. Die beiden, die Google Maps in Noto auflistete, lagen allerdings beide in engen Straßen, in denen sich Auto an Auto starker Verkehr schob, während an der einen Straßenseite ebenso Auto an Auto die parkenden Fahrzeuge standen. So gaben wir die Suche in Noto auf, da wir unsere schmutzige Wäsche nicht kilometerweit durch den Regen tragen wollten.
In Avola zeigte Google vier Wäschereien: die erste gab es nicht, die zweite war eine rein gewerbliche Großwäscherei, die dritte hätte erst in der folgenden Woche wieder freie Termine gehabt und in der letzten waren wir endlich erfolgreich und lieferten einer zwar nur Italienisch sprechenden, aber ausgesprochen netten Inhaberin unsere Wäschesäcke ab. Diese bekamen wir zwar, wie versprochen, um 12 Uhr frisch gewaschen, aber leider paddernass zurück. Gegen kräftigen Aufpreis (insgesamt kostete die Waschaktion dann immerhin 24 Euro) durften wir sie am kommenden Morgen trocken abholen.
Den Nachmittag – mittlerweile war das Wetter wieder besser – wollten wir dann für einen Bummel durch die Altstadt von Noto nutzen. Das erwies sich allerdings als nahezu ähnlich schwierig wie das Projekt „Wäsche waschen“: Die erste Zufahrt nach Noto zeigte sich uns gegenüber durch eine 2 Meter 40-Höhenbegrenzung als ziemlich abweisend. Die zweite Möglichkeit zog eine Grenze bei 3 Tonnen und die dritte ließ nur 2 Meter 20 hohe Fahrzeuge durch. Die vierte Zufahrt, nachdem wir nahezu einmal vollständig um die Stadt herumgefahren waren, ermöglichte uns endlich einen Besuch. Die Parkplatzsuche gestaltete sich demgegenüber recht harmlos.
Doch Noto erwies sich als der Mühe wert. Auch hier erwarteten uns tolle Barock-Gebäude – zum Teil malerisch angeranzt, zum Teil sorgfältig restauriert. Nette Straßencafés rundeten den positiven Eindruck ab.
Kein Wunder, dass Noto gerade als Kulisse für eine italienische Musical-Verfilmung von Cyrano de Bergerac genutzt wurde – Das Thema Film scheint uns zu begleiten (siehe Colombier-le-Vieux).
Vor der Kathedrale gab es zahlreiche Bronze-Plastiken des polnischen Bildhauers Igor Maturaj zu sehen – sehr nett, passten gut zu der barocken Fassade.
Dia-Show Noto
Modica
Auch Modica hat einige tolle barocke Kathedralen aufzuweisen und ist dekorativ an die Berghänge geklebt. Insgesamt hat uns Noto allerdings besser gefallen – vielleicht auch deswegen, weil in der Altstadt deutlich weniger Autos unterwegs waren.
Agrigento – Valle dei Templi
„Der Tempel der Konkordia hat so vielen Jahrhunderten widerstanden; seine schlanke Baukunst nähert ihn schon unserm Maßstabe des Schönen und Gefälligen (…).“
Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise (1787)
Eine positive Überraschung war, dass wir unser Hundicap mit in die archäologische Ausgrabungsstätte nehmen konnten. Doch auch abgesehen davon war der Besuch überaus lohnenswert.
Auf einem Bergrücken reihen sich einige, trotz des Alters von 2.500 Jahren zum Teil gut erhaltene griechische Tempel aneinander. Einige Modelle von antiken Baugeräten demonstrierten zudem anschaulich die Konstruktion der Bauwerke. Auch die nette Anlage der Stätten mit vielen Mandelbäumen und teilweise uralten Olivenbäumen lädt zum Bummeln und Verweilen ein.
Dekorativ war auch die Ikarus-Bronze des polnischen Bildhauers Igor Maturaj – Werke von ihm hatten wir auch schon vor der Kathedrale von Noto gesehen – vor dem Tempio della Concordia.
Dia-Show Valle dei Templi
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Segesta
Zwar sind an den Wochenenden immer auch viele italienische Ausflügler unterwegs, unser Plan, morgens um 9 Uhr direkt zur Eröffnung der archäologischen Ausgrabungsstätten von Segesta zur Besichtigung aufzutauchen, ging jedoch auf: Wir hatten den tollen Tempel und das schön gelegene Theater, das angeblich einst 4.000 Zuschauer gefasst hatte, zwei Stunden für uns allein!
Erice
Am Sonntagmorgen um 9 Uhr war es auch in der hübschen Altstadt von Erice mit ihren engen, verwinkelten Gassen noch weitgehend leer. Leider waren auch die Cafés noch zu, sodass wir unseren Stadtbummel nicht mit einem Cappuccino abrunden konnten. Dennoch war die Aussicht vom gut 750 Meter hohen Berg, auf dem Erice sehr pittoresk liegt, phantastisch.
Einige hübsche Buchten unterhalb Erices eignen sich hervorragend für eine nette Mittagspause und einen kleinen Spaziergang am Meer.
Capo San Vito
San Vito lo Capo, das Städtchen an der Nordspitze der Halbinsel, gilt als schönster Badeort Italiens – eine Einschätzung, die wir, zumindest in der Nachsaison, durchaus nachvollziehen können: Der Ort ist recht überschaubar und gemütlich. Auch fehlen die sonst an der Küste oft zu findenden Bausünden. Und der Strand ist in der Tat ein Traum. Leider hielt uns jedoch ein kühler Wind vom Bad ab.
Eine Wanderung auf den Monte Monaco, der das Capo San Vito 530 Meter überragt, war allerdings ein sehenswertes Ersatzprogramm, das durch einen phantastischen Rundumblick auf die spektakuläre Küste belohnt wurde.
In der Nähe des Leuchtturms fanden wir einen ruhigen, wenn auch sehr zugigen Übernachtungsplatz direkt am Meer.
Spätestens mit dieser Halbinsel hat es Sizilien dann doch noch geschafft, unser Herz zu erobern: Die schroffen Berge, die steil zum türkisfarbenen Meer abfallen, sind ganz nach unserem Geschmack. Erfreulich ist auch, dass hier sehr wenig Müll zu finden ist. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass Touristen den in der Regel nicht so attraktiv finden.
Scopello
Der Weiler Scopello liegt an der Nordseite der Halbinsel, deren Spitze das Capo di San Vito bildet. Bekannt ist der Ort durch seine Tonnara, seine historische Thunfischfanganlage, die – beschützt durch zwei Wachtürme aus dem Mittelalter und dem 15. Jahrhundert – sehr malerisch in einer von schroffen Felsen umrahmten Bucht liegt.
Bereits im Jahre 1400 wurde eine solche Anlage erstmals urkundlich erwähnt, obwohl die ersten zu dem Gebäudekomplex gehörenden Bauten sogar schon aus dem 13. Jahrhundert stammen. Bis 1959 wurde hier von der Familie Florio, die die Tonnara 1874 gemeinsam mit einigen anderen Familien bei einer öffentlichen Auktion erwarb, Thunfisch gefangen und verarbeitet.
Heute beherbergt der Komplex ein kleines Museum und einige gediegene Gästezimmer. Auch der jüngere der beiden Wachtürme, heute in Privatbesitz, kann für Events – etwa stilvolle Hochzeitsfeiern – gemietet werden.
Einige geschützte Buchten in der Umgebung laden zu einer Badepause ein, die wir uns zusätzlich mit einigen süßen Leckereien aus der Pasticceria in San Vito lo Capo versüßt haben. Und auch unser Seehund kam auf seine Kosten.
Monreale
Oberhalb des quirligen Palermo klebt Monreale recht pittoresk am Berg. Die Gassen der Altstadt und die schönen Plätze sind lebhaft und charmant und der romanische Dom ist eindrucksvoll. Leider ist die Besichtigung des Komplexes zeitaufwändig und mit dem Hund eine Stunde auf den anderen warten zu müssen, schien uns beiden nicht sehr attraktiv, sodass uns unser Hundicap mal wieder von einer Besichtigung abhielt.
Cefalù
An der Nordküste auf unserer Fahrt Richtung Messina – langsam rief Griechenland nach uns – bot sich der hübsche Ort Cefalù für einen Bummel durch die verwinkelten Gassen der Altstadt und einen Capuccino am traumhaft schönen, teils von den malerischen Gebäuden der Altstadt umrahmten Strand an.
Dia-Show Cefalù
Lockdown in San Vito lo Capo
Am nächsten Tag wollten wir von Messina aufs Festland übersetzen, um gemütlich Brindisi, den Fährhafen für die Fahrt nach Grienenland anzusteuern. Dort – so lasen wir morgens einigermaßen entsetzt im Internet – gilt allerdings seit dem 7. November ein massiver Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen: Man darf den Wohnort nur zum Einkaufen oder andere dringend notwendige Tätigkeiten verlassen. Hierfür muss man sich über eine griechische Mobilfunknummer oder ein nur in griechischer Sprache verfügbares Formular anmelden. Dann erhält man für seinen „Ausflug“ einen Timeslot zugewiesen.
Auch Italien hat mittlerweile einen „Lockdown light“ eingeführt, was die weiteren Optionen deutlich einschränkt: Kalabrien, die südlichste Region an der Stiefelspitze, wartet als rote Zone mit ähnlichen Einschränkungen wie Griechenland auf. Weil auch hier im tiefen Süden Europas so allmählich der Herbst Einzug hält, wollten wir aber auch nicht weiter zurück nach Norden fahren. So entschlossen wir uns, zunächst auf Sizilien zu bleiben. Da die Region Sizilien als orange Zone gilt, können wir uns zwar an unserem Aufenthaltsort noch frei bewegen und auch Einkaufen fahren, dürfen allerdings die nähere Umgebung und auch die Region nicht verlassen.
Als sich diese Entwicklung abzeichnete, sind wir zum Capo di San Vito zurückgefahren, wo es uns bisher am besten auf Sizilien gefallen hatte.
Es gibt definitiv Schlimmeres, als gerade hier im Lockdown festzuhängen, auch wenn wir natürlich schon etwas frustriert sind, weil das mit Griechenland nun erst einmal nicht klappt.
Nun stehen wir auf dem sehr netten Campingplatz El Bahira direkt am Meer und warten ab, was weiter passiert. Zum Glück ist dies wirklich ein perfekter Ort, um einige Zeit hängenzubleiben: Die Betreiber sind sehr hilfsbereit, der Platz ist wunderschön und sehr liebevoll angelegt und toll zwischen Meer und einer imposanten Felswand gelegen, der nächste Supermarkt ist zu Fuß in etwa 20 Minuten zu erreichen und die Nachbarn sind allesamt ausgesprochen nett – auf Grund der Felswand im Rücken, die auch nachts beleuchtet ist, ist der Platz bei Kletterern extrem beliebt.
Nachdem wir bisher ohne längere Pausen durch die Gegend getourt sind, ist diese Zwangspause auch nicht unangenehm und hilft, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Man hat Zeit, zu lesen, das Wohnmobil und die Homepage auf Vordermann zu bringen, Fotos zu sortieren – und vielleicht komme ich ja auch endlich dazu, die Norwegen-, Schweden- und Italien-Videos zu schneiden.
Auch das bisher traumhaft gute Wetter – noch kann man tatsächlich baden, auch wenn das Meer von Tag zu Tag kühler zu werden scheint – macht den Aufenthalt überaus erträglich. Wenn die Badesaison sich endgültig dem Ende zuneigen sollte, bietet sich die Umgebung immer noch für tolle Wanderungen an – auch wenn wir dann womöglich ein zweites Mal auf den Monte Monaco müssten.
Unser Lockdown-Tagebuch
Samstag, 7.11.2020
Rückfahrt nach San Vito lo Capo, Einkauf in einem reichlich abgerockten Supermarkt mit großen Freiflächen und zahlreichen leeren Regalen, Ankunft auf dem Camping El Bahira.
Sonntag, 8.11.2020
Großreinemachen und kleinere Reparaturen im Granny und große Wäsche war heute angesagt – man muss ja die Vorzüge der Infrastruktur eines Campingplatzes entsprechend nutzen! Für ein kurzes Bad war zwischendurch aber auch noch Zeit.
Montag, 9.11.2020
Spaziergang zum Einkauf nach San Vito – über die Klippe hat man den recht gut sortierten Supermarkt nach etwa 20 Minuten erreicht. Außerdem haben wir unser Putzprogramm fortgesetzt.
Dienstag, 10.11.2020
Heute gab es eine etwas längere Wanderung am Meer entlang: nichts Besonderes, aber mit einigen hübschen Ausblicken.
Mittwoch, 11.11.2020
Chillen, ein wenig Spazierengehen, Baden – Lockdown-Sparprogramm, über das man sich eigentlich nicht beschweren kann.
Donnerstag, 12.11.2020
Die benachbarten Schweizer haben heute ihren Platz geräumt, sodass wir auf diesen wechseln konnten – mit dem Vorteil, zumindest bis zum frühen Nachmittag Sonne zu haben.
Freitag, 13.11.2020
Gegen den allmählich einsetzenden Lagerkoller haben wir mal einen weiteren Ausflug unternommen: zum Großeinkauf und einem anschließenden Stadtbummel nach Trapani. Die hübsche Altstadt war – auch wegen der Mittagspause – nahezu menschenleer und Bars und Cafés waren wegen des Lockdowns natürlich geschlossen. So war die Stimmung trotz des schönen Wetters etwas gedrückt.
Samstag, 14.11.2020
Heute sind wir mal wieder tüchtig gewandert: Vom Campingplatz aus etwa 750 Höhenmeter in das Riserva Naturale dello Zingaro, wo wir illegalerweise zu einem Bergsattel gelaufen sind – das Naturreservat ist wegen eines Waldbrandes im August 2020 zur Zeit geschlossen. Bereits im Jahr 2012 war das gesamte Reservat abgebrannt.
Sonntag, 15.11.2020
Almut ist länger mit dem Hund unterwegs gewesen, ich habe mich um die Aktualisierung der Homepage gekümmert. Nach gestern hielt sich unser Wunsch zu ausgedehnter körperlicher Aktivität in Grenzen – auch weil das Wetter heute deutlich wechselhafter und herbstlicher war.
Montag, 16.11.2020
Ein kleiner Spaziergang nach San Vito zum Strand und zum Einkaufen (leider hatte die Pasticceria geschlossen) – ansonsten haben wir einen faulen Tag verbracht. Nach wie vor herrschte heute durchwachsenes Herbstwetter.
Dienstag, 17.11.2020
Wetterbedingt gab es auch heute Sparprogramm: Almut rundete mit dem Hund, ich kümmerte mich – endlich! – um das Norwegen-Video. Abends hatten wir dann – auch gefördert durch das allmählich herbstlich werdende Wetter – einen großen Lockdown-Blues: Wegen der vorgezogenen Weihnachtsferien und einer dementsprechend ebenfalls vorgezogenen Klausur wird uns unsere Tochter wohl nicht besuchen kommen können. Da sie anschließend in Quarantäne müsste, könnte sie nicht einmal eine Woche hierbleiben. Wenn man überlegt, dass wir eigentlich mindestens fünf Wochen gemeinsam in Mexiko unterwegs sein wollten, ist das schon ziemlich frustrierend!
Mittwoch, 18.11.2020
Heute Morgen sind wir zum Riserva Naturale Monte Cofano gefahren. Leider sind die meisten Wanderwege wegen Steinschlaggefahr geschlossen und in Sichtweite des Eingangshäuschens, wo uns eine freundliche Rangerin einen Überblick über die verschiedenen Wege gegeben hatte, trauten wir uns dann auch nicht, den Weg zum Gipfel einzuschlagen. Unten am Meer versuchten wir zumindest, am Meer entlang den Monte Cofano zu umrunden, doch am ersten alten Wachturm wurden wir von zwei Rangern ziemlich grantig zur Rückkehr aufgefordert. So wurde es ein recht kurzer Ausflug.
Donnerstag, 19.11.2020
Das Wetter bleibt wechselhaft: Die Temperaturen sinken allmählich auf das Niveau, das wir an unseren warmen Tagen in Norwegen hatten – im Hochsommer –, und es regnet gelegentlich ein wenig.
Wir haben Lagerkoller und Sehnsucht nach unseren Kindern – und überlegen ernsthaft, doch über Weihnachten nach Hause zu fahren.
Andere Camper berichten, dass die Polizei mittlerweile die Lockdown-Bestimmungen zwar freundlich, aber doch massiver durchsetzt und Reisende auffordert, an Ort und Stelle zu bleiben. So werden wir wohl doch bis zum Ende des Lockdowns hier auf dem Campingplatz bleiben müssen.
Freitag, 20.11.2020
Nach ausgedehntem Frühstück und langem Quätschchen mit einer Nachbarin sind wir gerade noch rechtzeitig zum Abbau des Freitagsmarktes in San Vito gekommen.
Samstag, 21.11.2020
Heute sind wir erneut auf den Monte Monaco gestiegen und haben dabei unsere Zeit vom letzten Besuch um eine Viertelstunde unterboten!
Anschließend sind wir noch hinunter in eine hübsche Bucht gefahren, in der die meterhohen Wellen imposant an die Felswände klatschten – die Badesaison scheint allmählich vorbei zu sein.
Ein Großeinkauf in San Vito auf dem Rückweg rundete unser Tagesprogramm ab.
Sonntag, 22.11.2020
Stürmisch, regnerisch, 16 Grad Höchsttemperatur (über die wir uns im Hochsommer in Norwegen einige Male gefreut hätten) – Herbstwetter auf Sizilien: Zeit und Muße, um die Homepage auf Vordermann zu bringen!
Ein Fünkchen Hoffnung keimt auf, dass unsere Tochter Hannah uns doch noch besuchen kommen kann: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Quarantäne für Reiserückkehrer aus Risikogebieten gekippt.
Montag, 23.11.2020
Heute haben wir bei recht schönem Wetter das Capo San Vito umrundet. Vom Campingplatz aus kann man am Meer entlang bis zum Leuchtturm laufen. Dabei muss man allerdings einen guten Kilometer weglos über die Steine klettern. Da diese sehr schroff und scharfkantig sind, ist das recht mühselig. So sind wir dann heute abenteuermäßig auf unsere Kosten gekommen. Der Rückweg verlief dann langweilig und entspannt durch den Ort.
Nordrhein-Westfalen hat die Corona-Einreiseverordnung außer Kraft gesetzt. Das heißt, Hannah könnte uns besuchen kommen, ohne anschließend in Quarantäne zu müssen!
Dienstag, 24.11.2020
Der Tag begann erneut grau und regnerisch, später klarte es dann aber auf, sodass wir zu einem Einkaufsspaziergang nach San Vito aufgebrochen sind. Dort gibt es ein von einem Chinesen geführtes Geschäft, in dem man in engen, vollgestellten Gängen außer Lebensmitteln alles bekommt, was man braucht – und vor allem auch alles, was man nicht braucht. Besonders die Abteilung mit Weihnachtsdekoration war bemerkenswert.
Auch den Heimweg haben wir – trotz dramatisch bedrohlicher Wolken – trocken überstanden. Am Campingplatz haben wir dann erst einmal mit Martin und Nola, unseren österreichischen Nachbarn, die süßen Schweinereien aus der Pasticceria niedergemacht, die wir mitgebracht haben.
Neue Infos zu Hannahs Reisemöglichkeiten: Die offizielle Sizilien-Website verbietet touristische Reisen! Nähere Recherchen ergeben, dass das allerdings im Widerspruch zur Seite des italienischen Gesundheitsministeriums zu stehen scheint. Demnach sollte eine Einreise nach Italien (auch nach Sizilien) möglich sein.
Mittwoch, 25.11.2020
Almut hat Geburtstag! Dieser wurde begonnen mit einem netten Frühstück mit entsprechender Deko im Granny – der chinesische Laden in San Vito bietet da so einige Möglichkeiten!
Wegen des schönen Wetters schlossen wir eine Wanderung an: Erneut verbotenerweise in das Riserva Naturale dello Zingaro, diesmal sind wir die ersten 400 Höhenmeter mit dem Auto gefahren und konnten so den Monte Passo del Lupo umrunden – eine sehr schöne Tour mit spektakulären Aussichten.
Leider gibt es bei entsprechender Nachfrage hier am Campingplatz schlechte Neuigkeiten: Hannah darf zwar nach Palermo einreisen, wegen der Reisebeschränkungen in der orangen Zone darf sie allerdings nicht nach San Vito kommen. Wir dürften sie entsprechend auch nicht abholen. Das Ganze wird mit einer Geldbuße in Höhe von 550 Euro pro Person und Verstoß bedroht. Damit fällt Hannahs Besuch wohl leider aus!
Abends gab es eine coronakonforme – an der frischen Luft mit ausreichendem Abstand – kleine Geburtstagsparty mit einigen netten Nachbarn.
Donnerstag, 26.11.2020
Den Tag verbrachten wir rekonvaleszenzbedingt etwas ruhiger: Das heißt, Almut hat eine etwas kürzere Hunderunde gedreht und ich habe gechillt und gelesen.
Freitag, 27.11.2020
Heute stand die „Franzosenrunde“ auf dem Programm, ein Tipp, den wir von zwei netten Franzosen hier auf dem Campingplatz erhalten hatten: auf den etwa 560 Meter hohen Monte Palatimone. Wegen der Regenfälle in den letzten Tagen war der steile Anstieg etwas matschig und so insbesondere auf dem Rückweg ziemlich rutschig. Aber die Mühe wurde durch einen grandiosen Rundumblick belohnt.
Samstag, 28.11.2020
Heute Nacht hat es kräftig gestürmt und auch der Tag beginnt eher ungemütlich, obwohl auch immer wieder die Sonne herauskommt.
Dafür bringt der Tag positive Nachrichten: Ab morgen wird Sizilien zur gelben Zone. Das heißt, touristische Reisen wären wieder uneingeschränkt möglich und auch Restaurants, Cafés und Museen dürfen wieder öffnen – und Hannah dürfte uns besuchen!
Nachmittags haben wir dann direkt den Flieger gebucht. Zwölf Tage Sizilien sind jetzt möglich – ein bescheidener Ersatz für fünf Wochen Mexiko, aber immerhin!
Sonntag, 29.11.2020
Ein mehr oder weniger fauler Tag!
Montag, 30.11.2020
Eigentlich wollten wir heute auf den gut 1100 Meter hohen Monte Spiragio steigen. Da dieser sich aber konsequent in den Wolken verborgen hielt, haben wir eine etwas niedriger gelegene Alternativroute gedreht. Diese war überraschend schön, mit einigen schönen Ausblicken und zum Teil durch ein schönes Waldstück mit viel frischem Grün – sehr untypisch für Sizilien, und für Ende November sowieso!
Anschließend sind wir noch weiter nach Trapani zu den Salinen gefahren, wo wir sogar Flamingos gesehen haben.
Dienstag, 1.12.2020
Heute Morgen sind wir nach Palermo gefahren und haben Hannah vom Flughafen abgeholt! Als erstes sind wir in San Vito zum Strand gefahren und sind einmal ins Meer gehüpft – vielleicht das letzte Mal in diesem Jahr: Es ist doch deutlich kühler geworden. Aber am 1. Dezember im Meer zu baden, ist trotzdem ziemlich cool.
Vor dem Abendessen sind wir noch einmal Sonnenuntergang gucken gegangen, der allerdings leider etwas wolkenverhangen war. Dafür konnten wir noch draußen essen und sind später im Dunkeln noch einmal zum Meer gegangen.
Mittwoch, 2.12.2020
Leider war das Wetter heute nicht so richtig schön: Zwar war es mit etwa 18 Grad nicht wirklich kalt, aber ein ziemlich stürmischer Wind, machte es doch etwas unangenehm und ließ Bergbesteigungen wenig attraktiv erscheinen.
So haben wir uns mit einem Spaziergang nach San Vito beschieden – hin auf der abenteuerlichen, weglosen Variante am Meer entlang. Dort gab es Cappuccino und leckeren Kuchen.
Heute fiel der Sonnenuntergang dann leider komplett aus. Dafür wurde der Hund mal wieder angemessen geknuddelt.
Donnerstag, 3.12.2020
Trotz angekündigtem Dauerregen konnten wir fast vier Stunden bei Sonnenschein durch Trapani bummeln. Ein Cafébesuch rundete den Besuch diesmal ab.
Freitag, 4.12.2020
Bei schönem Wetter stand heute erneut der Monte Monaco auf dem Programm – für uns zum dritten Mal. Wegen der extrem klaren Sicht war der Blick diesmal allerdings am besten.
Auch der abendliche Sonnenuntergang konnte sich sehen lassen, so dass Hannah dann auch endlich in den Genuss eines 1A-San Vito lo Capo-Premium-Sonnenuntergangs gekommen ist.
Samstag, 5.12.2020
Der Wetterbericht versprach für heute Traumwetter, sodass wir uns Erice und eine nette kleine Wanderung vorgenommen hatten. Allerdings pustete der Wind so heftig, dass wir dann auf die Wanderung verzichteten und unsere Pizza zwar mit Meerblick, aber im Granny am Golfo di Cofano genossen. Dazu bekamen wir als Zugabe spektakuläre Brandung serviert.
Immerhin konnten wir am Campingplatz windgeschützt noch eine Stunde in der Sonne Kaffee trinken.
Abends gab es in der offenen Küche auf dem Campingplatz noch eine Party: Brigitte feierte ihren 60. Geburtstag.
Sonntag, 6.12.2020
Als wir um ein Uhr zu unserem Wohnmobil zurückkamen, fanden wir tatsächlich drei Nikoläuse vor dem Eingang. Wir haben Karin im Verdacht. Sehr, sehr lieb!
Nicht nur wegen des recht bescheidenen Wetters haben wir heute einen eher beschaulichen Tag eingelegt – abgesehen von Almut natürlich, die wegen ihrer dauerhaften Ritalin-Unterversorgung eine ausgedehnte Hunderunde gedreht hat.
Montag, 7.12.2020
Heute war ein wenig Sightseeing angesagt: Eine große Runde über Scopello und Segesta. Leider war die Ausgrabungsstätte geschlossen, sodass wir nur im Regen vom Hang gegenüber einen Blick auf den Tempel erhaschen konnten.
Dafür war das Bad in den heißen Quellen sehr erquickend und wohltuend.
Dienstag, 8.12.2020
Heute haben wir ein neues Hobby entdeckt: Nach über einem Monat in DEM Kletterparadies schlechthin sind wir zum ersten Mal Klettern gewesen. Kati und Robert sei Dank! „Pasta“ und „Gelati“ gehören mit 2b natürlich zu den anspruchsvollsten Routen hier!
Mittwoch, 9.12.2020
Noch einmal hat sich der überaus geduldige Robert als Kletter-Lehrer bewährt und sich mit uns Greenhorns abgegeben. Dank der kompetenten Unterstützung sind wir heute dann auch bereits in den vierten Schwierigkeitsgrad vorgestoßen.
Für unser Hundi ist unser neues Hobby leider etwas langweilig, aber da muss Ronja nun durch.
Donnerstag, 10.12.2020
Das etwas wechselhafte Wetter machte heute die Auswahl einer geeigneten Kletterstelle nicht leicht, aber erstaunlicherweise konnten wir dann doch weitgehend trocken in die Wand, während es zwei Kilometer weiter ziemlich nass zu sein schien. Dabei waren wir mit einer ziemlich großen Gruppe unterwegs, was sehr viel Spaß gemacht hat.
Freitag, 11.12.2020
Heute haben sich Brigitte und Christian aus Bayern unserer erbarmt. Brigitte, mit der wir ja vor einigen Tagen ihren 60. Geburtstag gefeiert hatten, ist wohl eine der ältesten Kletterer hier am Platz, aber sehr souverän und als Bergführerin auch eine ebenso kompetente wie Ruhe ausstrahlende Lehrerin. Christian, der erst im zarten Alter von 55 mit dem Klettern begonnen hat, tänzelt bewundernswert leichtfüßig und elegant die Wände hoch – das gibt uns Hoffnung. Dass ausgerechnet er Almut als Naturtalent bezeichnet hat, motiviert natürlich! Und so sind wir heute alle – nicht ganz so rasch wie Almut – glücklich durch eine 5a-Route gekommen.
Leider hat uns zwischendurch mitten in der Wand ein ziemlich plötzlicher Wolkenbruch erwischt. Kurz darauf war das Wetter aber wieder schön, sodass wir das Material wieder „trocken klettern“ konnten.
Samstag, 12.12.2020
Heute mussten wir reichlich früh aufstehen: Um 6 Uhr 30 sind wir Richtung Palermo aufgebrochen, um Hannah in den Flieger zu setzen. Nun sind wir leider wieder alleine.
Auf dem Rückweg haben wir nach einem Großeinkauf noch eine kleine Wanderung eingelegt. Zurück am Campingplatz wurden wir von der freudigen Nachricht überrascht, dass Robert und Kati doch noch eine Woche länger bleiben – sie wollten eigentlich heute Richtung Heimat aufbrechen.
Ansonsten herrscht hier eine gewisse Aufbruchsstimmung, was – ebenso wie die Tatsache, dass Hannah nun wieder weg ist, und die Aussicht, bald ebenfalls ins trübe Deutschland und in einen Total-Lockdown aufzubrechen, bei uns zu einer recht trüben Stimmung führt.
Sonntag, 13.12.2020
Basti und Sina aus Bayern sind heute aufgebrochen. Sie wollen auf einer ziemlichen Himmelfahrt nach Teneriffa: Zunächst per Fähre von Palermo nach Chivitacchia, von dort mit der Fähre nach Barcelona, von dort geht es in drei Tagen mit dem Auto nach Huelva, von wo aus sie endlich die Fähre nach Teneriffa bringt. Wir wünschen eine gute Reise!
Heute schreit das ausgesprochen bescheidene Wetter nach Hausputz und Arbeit an der Homepage. Aber zwei Tage ohne Klettern – da ruft der Berg!
Montag, 14.12.2020
Bei endlich wieder besserem Wetter sind Brigitte und Christian erneut mit uns klettern gegangen.
Dienstag, 15.12.2020
Heute hat Sizilien noch einmal alles gegeben, damit wir die Insel gut in Erinnerung behalten: Strahlender Sonnenschein und angenehm warmes Wetter lockten uns mit dem Team Ravensburg in die Felsen! Eine 5b-Route krönte den Abschluss.
Nach dem ebenso traumhaften Sonnenuntergang sind wir noch einmal nach San Vito zum Einkaufen gefahren und haben uns eine überaus leckere und mächtige Pizza mitgebracht.
Nach einem netten Abendessen in der Gemeinschaftsküche mit Robert, Kati, Bernhard und Maja haben wir noch den Granny weitestmöglich abfahrbereit gemacht. Anschließend haben wir eine Abschiedsrunde zu den inzwischen doch sehr liebgewonnenen Mitgestrandeten im El Bahira-Corona-Lockdown-Quarantäne-Camp gedreht. Da wir dabei in Ravensburg ziemlich lange hängen geblieben waren, wurde es doch später als geplant.
„Driving Home for Christmas“ (ab 16.12.2020)
Auch wenn es schwer fiel: Wir haben nach 53 Tagen Sizilien den Rücken gekehrt und sind nach insgesamt drei Monaten in Italien gen Heimat aufgebrochen.
Wegen des abendlichen Versackens wurde nichts aus unserem geplanten frühmorgendlichen Start. Dennoch sind wir in drei vergleichsweise entspannten Fahrtagen gut nach Hause gekommen. Zwar war das Wetter dabei recht schön, aber die stetig sinkenden Temperaturen machten den Abschiedsschmerz nicht gerade erträglicher.
Immerhin gab es in der Schweiz ein „Winter Wonderland“ – zum Glück ohne Schneechaos. Am 18. Dezember sind wir abends in der Heimat angekommen und sind sehr gespannt, ob, wann und wohin wir im neuen Jahr wieder aufbrechen können.
Zunächst freuen wir uns auf gemeinsame Weihnachtstage mit unseren Kindern und auf das Wiedersehen mit einigen Freunden – auch wenn das coronabedingt vermutlich eher auf einer gemeinsamen Hunderunde im Wald stattfinden wird.
Das Lockdown-Resümée
39 Tage – so lange waren wir als eingefleischte Nomaden im Urlaub bisher noch nie an einem Platz! Eine ganz neue Erfahrung! Was hat das mit uns gemacht?
Erstens sind wir deutlich zur Ruhe gekommen. Ohne die Möglichkeit – und damit auch den Druck, herumzukommen, kehrte eine deutliche Entschleunigung ein, die durchaus auch gut tat. Zumal wir angesichts der Tatsache, dass wir ein Jahr Zeit haben, auch nicht wirklich unter dem Stress stehen, die Zeit mit möglichst vielen Erlebnissen füllen zu müssen.
Zweitens fehlten uns diese neuen Erlebnisse aber auch und zwischendurch zeigten sich auch Anzeichen eines Lagerkollers. Mit der Zeit waren sämtliche interessanten Orte in der erreichbaren Umgebung erkundet und sämtliche möglichen Wanderungen gewandert, obwohl die Italiener das mit dem Lockdown durchaus pragmatisch gesehen haben und wir noch recht viele Möglichkeiten für Unternehmungen hatten – vor allem nachdem Sizilien zur gelben Zone erklärt worden war.
Drittens haben wir durch die ganzen begeisterten Kletterer hier ein neues Hobby für uns entdeckt und sind fest entschlossen, uns im nächsten Sportgeschäft mit dem nötigen Material einzudecken, und hoch motiviert, im nächsten halben Jahr noch den einen oder anderen Kletterfelsen anzufahren.
Viertens war die Gemeinschaft, die sich hier auf dem Campingplatz dadurch gebildet hat, dass wir alle hier gemeinsam in unserem Quasi-Quarantäne-Camp festhingen, eine ganz besondere Erfahrung. Wir haben hier wirklich tolle und interessante Menschen kennengelernt und die gemeinsamen Feiern unter diesen außergewöhnlichen Bedingungen waren sehr intensiv und emotional.
Fünftens mussten wir schließlich unser vorgeschobenes Fazit zu Sizilien zum Teil revidieren: Zwar sind wir immer noch angenervt von Müll und Bauruinen, aber mit dem Capo di San Vito haben wir eine wirklich außergewöhnlich schöne Ecke Siziliens nun sehr intensiv kennen- und schätzen gelernt. Außerdem sind wir nun restlos begeistert von den wirklich ausgesprochen liebenswerten Sizilianern.
Insgesamt möchten wir die fünfeinhalb Wochen in San Vito auf keinen Fall missen. Unter diesen besonderen Bedingungen war dies eine wirklich besondere Zeit.
Das Video über Mittel- und Süditalien
Fazit zu Süditalien
Trotz toller Landschaften, schöner Städte und wirklich sehr, sehr netter Menschen ist unser Gesamteindruck des italienischen Südens durchaus ausgesprochen zwiespältig. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die folgenden Aspekte.
Landflucht und Bauruinen
Die Region Basicilata gilt als das Armenhaus Italiens, was man in hübsch herausgeputzten Örtchen wie Castelmezzano, Pietrapertosa oder Melfi auf den ersten Blick kaum glauben mag. Doch auch dort finden sich, wie im gesamten Süden Italiens, heruntergekommene Schmuddelecken. Insgesamt haben viele Orte den Zustand des charmant-malerisch Angegammelten deutlich überschritten.
Entlang der Straßen durch die ausgesprochen reizvolle Landschaft zeugen zahlreiche Bauruinen oder verlassene Gehöfte von der Armut der Gegend und der weit verbreiteten Landflucht. Doch auch verfallene Industriegebäude und –gebiete erzählen von den wirtschaftlichen Problemen Süditaliens und erhöhen den Reiz der Landschaft nicht unbedingt.
Schlechte Straßen
Auch die Straßenqualität ist oft bemerkenswert schlecht – selbst in Italien, wo viele, zum Teil auch große Straßen bei weitem nicht den bei uns gewohnten Standard aufweisen. Immerhin hat Italien aus dem schrecklichen Brückenunglück in Genua im Jahr 2018 gelernt: Über gefühlt 80 Prozent der größtenteils wenig vertrauenerweckend aussehenden Autobahnbrücken und zahlreiche der sonstigen Brücken wird der Verkehr nun nur einspurig und oft mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern geführt – woran sich freilich niemand hält. Überhaupt werden Verkehrsregeln in Italien – von der Geschwindigkeitsbegrenzung bis zum Halteverbot – ja allenfalls als freundliche Anregung wahrgenommen.
So schlechte Straßen wie in Süditalien haben wir jedoch noch in keinem anderen Teil Europas angetroffen. Nicht nur einmal brauchten wir nach Starkregen den Allrad, um auf der Straße zu bleiben oder überhaupt vorwärts zu kommen – was Wolfgang im Prinzip ja auch Spaß bereitet …
Müll!
„’Bei allen Heiligen! Sagt mir’, rief ich aus, ‚woher kommt die Unreinlichkeit eurer Stadt, und ist derselben denn nicht abzuhelfen (…)?’“
Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise (1787) (über Palermo)
Schließlich fällt im gesamten italienischen Süden der überall in unglaublichen Mengen herumliegende Müll ausgesprochen negativ auf. Selbst an der sehr touristischen Amalfi-Küste genügte ein Blick über die die Küstenstraße begrenzende Steinmauer, um an den Rande des Brechreizes zu gelangen.
Überall verbreiten „italienische Müllverbrennungsanlagen“ einen giftigen Rauch und vernebeln die Landschaft. Meist jedoch wird der Müll schlicht an den Straßenrand gekippt.
Doch die Unsitte, Abfälle überall zu entsorgen, beklagte ja schon Goethe auf seiner Italienreise.